Die „Programmatic-Lüge“: Wie programmatische Werbung heute aussieht und warum nicht alles Gold ist, das glänzt.

  • In: Agentur, Marketing Knowledge
  • Von: René Schultz
  • 21.09.2023

Wie Programmatic ist eigentlich Programmatic? Und können die vollmundigen Versprechen der Anbieter überhaupt halten, was sie versprechen? In diesem Beitrag zeigen wir die Mechanismen des Programmatic Advertising auf, erklären, wo die natürlichen Grenzen sind und warum uns die „Programmatic-Lüge“ am Ende doch ganz versöhnlich stimmt.

Die Online-Werbung baut ihre Dominanz immer weiter aus. So lagen laut einer aktuellen PwC Studie die Umsätze in diesem Bereich in Deutschland bei 9,5 Milliarden Euro im Jahr 2021 und das Wachstum ist ungebrochen. Immer mehr Werbetreibende setzen auf Online-Kanäle, um eine größere Zielgruppe zu erreichen und ihre Marketing-Botschaften möglichst gewinnbringend zu platzieren. Natürlich mit dem Ziel, ihr Budget effizienter einzusetzen und deutlich mehr Transparenz in ihre Aktivitäten zu bekommen. Programmatic Advertising gewinnt an dieser Stelle immer mehr Bedeutung und breitet sich von den reinen Online-Medien vermehrt in die analoge Welt, wie Kino, TV oder Printmedien, aus. Dabei verspricht es vieles, aber ist das auch wirklich realistisch? 

Programmatic ist nicht neu

Programmatic Advertising ist nicht neu. Es existiert bereits seit etwa 2007 und kam aus den USA. Während diese Form anfangs noch sehr skeptisch aufgenommen wurde, ist sie mittlerweile vollständig im Markt angekommen. Programmatic beschreibt den Prozess, digitale Werbung automatisiert und in Echtzeit auf Zielgruppen zugeschnitten auszuliefern. Im Kern geht es darum, die User mit der richtigen Botschaft zur richtigen Zeit zu erreichen. Hierfür werden vollautomatisch individuelle Werbeflächen in Echtzeit gekauft bzw. verkauft. Auf Basis vorliegender Personendaten werden die Werbebanner oder Spots dann gezielt ausgeliefert. Die Individualisierung der Werbeflächen erfolgt in der Regel über einen Auktionsprozess. Hierbei erhält der Höchstbietende den Zuschlag, der am besten die Kriterien für die Kampagne des Werbetreibenden erfüllt. All dies dauert nur wenige Millisekunden. Häufig wird Programmatic Advertising als Synonym für Real Time Bidding verwendet, allerdings ist damit nur der Auktionsprozess selbst gemeint und fasst deshalb zu kurz. Vielmehr beschreibt Programmatic sämtliche Prozesse, die Publisher und Werbetreibende miteinander verbinden.

Während der klassische seitenbezogene Mediaeinkauf noch sehr statisch und manuell ist und wenig Optimierungsmöglichkeiten bietet, eröffnen sich durch Programmatic Advertising deutlich mehr Optionen. Hier geht es nämlich nicht mehr ums „Wo“, sondern tatsächlich um die Frage nach dem „Wer“. Und so finden sich plötzlich vollautomatisch zahlreiche Plattformen und Seiten, die Werbetreibende überhaupt nicht auf dem Schirm hatten und wesentlich besser ihre Zielgruppe erreichen. Der Schlüssel dazu sind die derzeit datenschutzrechtlich stark diskutierten Cookies, die aktuell (noch) höchst individuelle Nutzerprofile erlauben. Versteht man Programmatic als „Einkäufer“, dann zieht er gut informiert los, sucht die besten Angebote für die zuvor gewählten Spezifikationen und sorgt damit für ein besonders effizientes Ergebnis. 

Programmatic in der analogen Welt?

Was in der Online-Welt noch absolut nachvollziehbar klingt, wird in der analogen Welt allerdings kompliziert. Denn wie lässt sich ein Kinospot wirklich zielgenau ausspielen? Bei etwa 150 unterschiedlichen Menschen ist das ohne eigene Bildschirme oder VR-Brillen gar nicht möglich. Die Segmentierung kann hier höchstens nach Clustern, keinesfalls aber granular erfolgen. Auch eine direkte Reaktion auf den Spot ist im Kinosaal schwer umsetzbar. Tatsächlich sind bei genauerem Blick auch noch keine auktionsbasierten Einkäufe möglich. 

Ähnlich, aber bereits etwas besser, verhält es sich im TV. Auch hier stehen im Vergleich zum etablierten Addressable TV, das eine möglichst granulare Zielgruppenansprache auf Haushaltsebene erlaubt, nur grobe Zielgruppencluster zur Verfügung. Dies führt zu Streuverlusten, da auch Menschen außerhalb der Zielgruppe die Inhalte sehen werden. Obwohl Addressable TV technisch gesehen eine Form des Programmatic TV ist, sind die Haushaltsebene und das Echtzeit-Targeting wichtige Unterscheidungsmerkmale. Die Segmentierung kann dabei auf geografischer, demografischer und verhaltensbezogener Ebene erfolgen und ist damit deutlich effizienter. 

Neu dazugekommen ist Programmatic Advertising in Printmedien. Hier fällt nicht nur die Vorstellung, sondern auch die Umsetzung schwer, Anzeigen gezielt userindividuell auszuspielen. Auch von einer auktionsbasierten Vergabe individueller Werbeplätze ist man hier noch weit entfernt. Und doch locken erste Angebote und versprechen eine Optimierung von Printkampagnen. 

Alles Lüge – oder doch nicht?

Die Mediawelt wird zunehmend komplexer und die stetige Diversifikation von Werbeformaten führt zu immer mehr Silos. Es fehlt an Transparenz, vergleichbaren Daten und schlichtweg dem richtigen Überblick. Die einzige Lösung, um sich aus diesem unübersichtlichen Dschungel zu befreien, ist ein übergeordnetes Dach, eine Sicht aus der Metaebene. Und genau das wird vermutlich Programmatic sein. 

Der programmatische Zugang zu den einzelnen Werbeformen reduziert die Komplexität und sorgt für crossmediale Messbarkeit. Die einheitliche Datenebene endlich für Vergleichbarkeit. Programmatische Multichannel-Kommunikation ermöglicht damit Werbetreibenden endlich ein einheitliches Reporting, mehr Transparenz und Steuerbarkeit über alle Werbeformen hinweg. Was nach Zukunftsmusik klingt, ist gar nicht mehr so weit weg. 

Erfahrung und Beratung als Erfolgsfaktoren

Bis es aber soweit ist, ist es für Agenturen eine große Herausforderung, die für ihre Kunden beste Lösung zu finden. Es ist ein Spagat zwischen Effizienz und bestmöglicher Zielgruppenansprache in den Bereichen, in denen Programmatic Advertising noch nicht die gewünschten Ergebnisse liefert. Die gezielte Beratung durch eine erfahrene Agentur ist dabei der Schlüssel zum Erfolg. Denn sie verfügt über das notwendige Wissen, um mit den ständigen Veränderungen in diesem schnelllebigen und komplexen Bereich umzugehen. Mit ihrer Hilfe entsteht eine solide und erfolgreiche digitale Marketing-Strategie, die es Unternehmen ermöglicht, ihre Zielgruppe wirksam zu erreichen – mit oder ohne Programmatic Advertising.

 

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